Bei den Umsatzsteuer-Richtlinien 2008 (UStR) (Zustimmung des Bundesrats am 21.9.2007) handelt es sich um eine allgemeine Verwaltungsvorschrift, an die die Finanzverwaltung zwingend gebunden ist. Sie richtet sich nicht an die Finanzgerichte. Unter anderem wurde ausführlich die Frage erörtert, wann Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen eines Gesellschafters umsatzsteuerbar sind.
Umsatzsteuerbarkeit. Eine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung des Gesellschafters kann eine umsatzsteuerbare (daran kann sich eine Umsatzsteuerpflicht anknüpfen) oder eine nicht steuerbare Leistung gegenüber der Gesellschaft darstellen. Besondere Auslegungsschwierigkeiten in diesem Zusammenhang bereiten folgende beiden Voraussetzungen für die Umsatzsteuerbarkeit: nämlich die „Selbstständigkeit (des Leistenden)“ und der „Leistungsaustausch“. Deshalb wurde den UStR bezüglich dieser Problematik umfassende Ausführungen eingefügt.
Selbstständigkeit
Eine selbstständige Tätigkeit liegt vor, wenn sie auf eigene Rechnung
und auf eigene Verantwortung ausgeübt wird.
Bei natürlichen Personen als
Gesellschafter-Geschäftsführer ist hierbei auf das vertragliche Gesamtbild
der Verhältnisse abzustellen, die für die Umsatz-, Einkommens- und
Gewerbesteuer gleich sind. Dieses ergibt sich unter anderem in erster
Linie aus der Weisungsgebundenheit, ferner aus dem Urlaubsanspruch, aus
festen Arbeitszeiten und Lohnfortzahlungen im Krankheitsfall. In
Ausnahmefällen können sich Abweichungen zwischen der ertrag- und
umsatzsteuerlichen Beurteilung hinsichtlich der Selbstständigkeit bei
Leistungsverhältnissen zwischen Gesellschafter und seiner Gesellschaft
ergeben.
Ist eine Personengesellschaft des Handelsrechts die
Gesellschafter-Geschäftsführerin, ist sie stets selbstständig.
Eine Kapitalgesellschaft ist stets selbstständig, wenn
sie nicht in das Unternehmen des Organträgers (gem. dem UStG)
eingegliedert ist.
Leistungsaustausch oder nicht steuerbarer Gesellschafterbeitrag
Grundsatz. Ein Gesellschafter kann an die Gesellschaft sowohl Leistungen erbringen, die ihren Grund in einem gesellschaftsrechtlichen Beitragsverhältnis haben, als auch Leistungen, die auf einem gesonderten schuldrechtlichen Leistungsaustausch beruhen (somit Erfüllung eines Merkmals der Steuerbarkeit).
Abgrenzungsfragen. Die Steuerbarkeit der Geschäftsführungs- und Vertretungsleistung eines Gesellschafters an die Gesellschaft setzt das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Leistung und dem empfangenen Sonderentgelts voraus. Ist auch die Vergütung für die Leistung des Gesellschafters im Gesellschaftsvertrag als Teil der Ergebnisverwendung geregelt, liegt ein Leistungsaustausch vor, wenn sich aus den geschlossenen Vereinbarungen und deren tatsächlichen Durchführungen ergibt, dass die Leistungen nicht lediglich durch eine Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten, sondern gegen Sonderentgelt ausgeführt werden.
Bsp. nicht steuerbarer Gesellschafterbeitrag
Den Gesellschaftern einer OHG obliegt die Führung der Geschäfte und die
Vertretung der OHG. Diese Leistungen werden mit dem nach der Anzahl
der beteiligten Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz bemessenen Anteil
am Ergebnis (Gewinn und Verlust) der OHG abgegolten.
Die Ergebnisanteile sind kein Sonderentgelt; die Geschäftsführungs- und
Vertretungsleistungen werden nicht im Rahmen eines Leistungsaustauschs
ausgeführt, sondern als Gesellschafterbeitrag erbracht.
Bsp. steuerbarer Leistungsaustausch
Der Gesellschafter einer OHG erhält neben seinem nach der Anzahl der
Gesellschafter und ihrem Kapitaleinsatz bemessenen Gewinnanteil für die
Führung der Geschäfte und die Vertretung der OHG im Rahmen der
Gewinnverteilung auch im Verlustfall einen festen Betrag von 120.000 €
vorab zugewiesen (Vorabvergütung).
Der vorab zugewiesene Gewinn ist Sonderentgelt; der Gesellschafter führt
seine Geschäftsführungs- und Vertretungsleistungen im Rahmen eines
Leistungsaustauschs aus.
Stand: 15. Dezember 2007